Zusammenfassung

Amontons’ klassisches Reibungsgesetz sagt voraus, dass die Widerstandskraft gegen die Bewegung eines auf einer Oberfläche gleitenden makroskopischen Gegenstandes proportional zur extern angelegten Normalkraft ist. Neuere Entwicklungen in der Nanotribologie und Einzelmolekülexperimente haben gezeigt, dass konventionelle Reibungsgesetze auf der Nano-Skala aufgrund von Haftung und thermischen Fluktuationen nicht gültig sind und daher überarbeitet werden müssen. Schwerpunkt dieser Arbeit ist die Reibungsdynamik nanoskopischer, weicher Materie. Sie spielt in der Biologie eine wichtige Rolle und kann in Einzelmolekülexperimenten quantifiziert werden.

Im ersten Teil der Arbeit wird die Reibung einzelner Peptide auf hydrophoben und hydrophilen Oberflächen untersucht. Hierfürwerden Molekulardynamik-Simulationen und eine stochastische Beschreibung basierend auf der Fokker-Planck-Gleichung verwendet. Da die Steifigkeit der Oberflächen – Peptid-Matrix die Ausbildung von Wasserstoffbrücken beeinflusst, wird auss erdem die Reibung eines Peptids innerhalb eines Peptid-Bündels behandelt. Es wird gezeigt, dass im biologisch relevanten Bereich niedriger Geschwindigkeiten die Reibung-skraft proportional zur Geschwindigkeit, zur Wasserstoffbrückenanzahl und zu einem Wasser-stoffbrücken-Reibungskoeffizienten γHB ist, der vom kollektiven Charakter der Bindungsbrüche abhängt. γHB wird hierbei aus der übertragung von Simulationsergebnissen auf das stochas-tische Modell gewonnen und nimmt Werte von 10-11 kg/s für einzelne Polyglycin-Paare bis zu 10-6  kg/s für dichte Peptid-Bündel an. Auf der hydrophilen Oberfläche entspricht γHB mit 10-8 kg/s dem Wert in einem Bündel aus fünf Peptiden. Diese Ergebnisse liefern eine Erklärung für die Verlangsamung von Prozessen bei räumlicher Einschränkung, die in Einzelmolekülexperimenten beobachtet wird.

In solchen Experimenten, in denen häufig Kugeln oder Drähte auf der Nano-Skala zum Einsatz kommen, sind auch hydrodynamische Effekte von gross er Bedeutung. Im zweiten Teil der Arbeit wird daher die zeitabhängige, kompressible Navier-Stokes-Gleichung in einer unbegrenzten Flüssigkeit mit endlicher Slip-Länge analytisch gelöst. Dies erlaubt die Berechnung von frequenzabhängigen Reibungs-Antwortfunktionen für verschiedene Geometrien: Kugeln, Zylinder und Ebenen. Bei hohen Frequenzen wird das Strömungsprofil durch die Diffusion von Wirbeldichte und Kompression dominiert. Bei niedrigen Frequenzen hingegen breitet sich die Kompression in Form von Schallwellen aus, die exponentiell gedämpft werden, wenn die Abschirmlänge gröss er als die Schallwellenlänge ist. In diesem propagativen Regime zeichnet sich die Reibungs-Antwortfunktion von Kugeln und Zylindern durch eine Hochfrequenz-Resonanz aus, wenn die Partikelgröss e in in den Bereich der Schallwellenlänge kommt. Es existiert darüber hinaus eine Resonanz bei niedrigen Frequenzen an der Grenze zwischen dem diffusiven und dem propagativen Regime.